Visual Poetry © Barbara Löffler

Visual Poetry

In meiner Serie Visual Poetry löse ich mich von der Zuordnung zu bestimmten Städten oder Regionen. Was zunächst als Venedig-Projekt begann, hat sich zu einer universelleren Sprache entwickelt – einer Grammatik des Sehens, die nicht an geografische Grenzen gebunden ist.

Wenn ich mit meiner Kamera unterwegs bin, sei es in Venedig, Paris, auf den englischen Kanalinseln oder in Indien, folge ich demselben inneren Rhythmus. Ich reagiere auf ähnliche visuelle Reize: eine verwitterte Tür in einem warmen Türkisgrün, getrocknete Blätter im Gegenlicht, ein kleines Fenster an einer Mauer, der Mond am Himmel mit einem einsamen Vogel.

Diese Sensibilität für Details ist vielleicht das, was mich überall gleichzeitig fremd und heimisch sein lässt. Ich brauche nicht die Sprache eines Ortes zu sprechen, um seine visuelle Poesie zu verstehen. Eine kleine Pflanze, die aus einer Mauerritze wächst, erzählt mir in Venedig die gleiche Geschichte von Beharrlichkeit und Schönheit wie in einer französischen Kleinstadt.

Die Fähigkeit, mich schnell an neuen Orten einzufinden, hat viel mit meiner Art des Sehens zu tun. Ich suche nicht die großen Sehenswürdigkeiten oder die spektakulären Ausblicke. Mein Blick richtet sich auf das Beiläufige, das Übersehene – ein rostiger Draht an einer Mauer, ein Stück gestreifter Stoff, der im Wind weht, Spiegelungen in alten Fenstern.

Diese Details sind überall zu finden. Sie sind die universelle Sprache des Alltäglichen, der leisen Poesie des Verfalls und der Erneuerung. Wenn ich einen neuen Ort betrete, suche ich instinktiv nach diesen visuellen Ankerpunkten. Sie sind meine Eintrittskarte in die Seele eines Ortes, meine Methode, mit ihm in Dialog zu treten.

So wird die Fremde schnell vertraut. Nicht weil ich ihre Straßen kenne oder ihre Geschichte studiert habe, sondern weil ich ihre stillen Ecken, ihre unbeachteten Details entdeckt habe. Die Art, wie das Sonnenlicht durch ein vernachlässigtes Fenster fällt, wie Efeu eine Mauer erobert, wie ein alter Holzbalken vom Zahn der Zeit gezeichnet wurde – diese Dinge sprechen zu mir in einer Sprache, die ich überall verstehe.

In Visual Poetry geht es um diese globale visuelle Sprache, um Momente und Details, die gleichzeitig spezifisch und universell sind. Es ist meine Art, mich in der Welt zu orientieren, meinen Platz zu finden – nicht durch Karten oder Reiseführer, sondern durch ein intimes Sehen, das das Wesentliche im Unscheinbaren entdeckt.

Es ist vielleicht diese Fähigkeit, die kleinen Geschichten im großen Ganzen zu finden, die mich zu einer Art visuellem Weltbürger macht. Ich brauche keine Wurzeln an einem bestimmten Ort, weil ich überall die gleichen visuellen Ankerpunkte finde. Meine Heimat ist dort, wo mein Blick auf Resonanz stößt, wo ich die stillen Dialoge zwischen Licht und Schatten, zwischen Verfall und Beständigkeit entdecken kann.

Visual Poetry ist so mehr als eine Serie von Fotografien – sie sind meine Methode, die Welt zu lesen, sie mir anzueignen, ohne sie zu besitzen. Eine visuelle Meditation über die universelle Sprache der Details, die uns überall umgibt, wenn wir nur innehalten und genau hinsehen.

Weitere Beiträge

Zeit Stille Orte
Zeit Stille Ort
In "Zeit Stille Orte" begebe ich mich auf eine visuelle Meditation durch die unscheinbaren Details, die...
Transitions Überlagerungen
Transitions
In meiner fotografischen Serie TRANSITIONS erschaffe ich hybride Bildwelten durch das Durchdringen von...
Sofortbild Lift Technik
Meine künstlerische Reise mit Sofortbild-Lifts und Aquarell
In meiner Arbeit mit der Sofortbild-Lift-Technik entdecke ich die Magie des Transformationsprozesses,...
Sofortbild Lifttechnik Workshop
Workshop Sofortbild-Fotografie
Im Rahmen der Kulturmeile Schwaz fand am 26.10.25 in der Galerie erbario in Schwaz ein Workshop zur Sofortbildfotografie...
Dancing With The Waves
Dancing with the waves
In "Dancing with the Waves" fange ich jenen magischen Moment ein, in dem mein Sohn Alexander mit dem...
Sulla Strada Per Menfie
Sulla strada per Menfie
Im Herzen des sizilianischen Belice-Tals dokumentiere ich in "Sulla strada per Menfi" die verstörenden...
Fault Lines
Fotoprojekt FAULT LINES
In meinem Fotoprojekt FAULT LINES, entstanden während der SICILY MASTERCLASS 2023 unter Mimi Mollica,...

Weitere Beiträge

Zeit Stille Orte
Zeit Stille Ort
Transitions Überlagerungen
Transitions
Sofortbild Lift Technik
Meine künstlerische Reise mit Sofortbild-Lifts und Aquarell
Sofortbild Lifttechnik Workshop
Workshop Sofortbild-Fotografie
Dancing With The Waves
Dancing with the waves
Sulla Strada Per Menfie
Sulla strada per Menfie
Fault Lines
Fotoprojekt FAULT LINES